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Sneh Victoria Schnabel

Sneh Victoria Schnabel

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ARTIKEL

Dieses Interview mit Sneh zum Thema Liebe und Paarbeziehung erschien in der Osho Times vom November 2004, vom wo wir es mit Erlaubnis übernommen haben.

Im Fluss der Liebe

In unseren Beziehungen, in der Familie und für den Einzelnen spielt Liebe eine große Rolle. Sneh Victoria Schnabel widmet sich diesem Thema in ihrer Aufstellungsarbeit mit ganzer Leidenschaft. Hier erzählt sie Parigyan von ihren persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen rund um dieses wunderbare Phänomen und verrät Tipps und Tricks, wie Paare ihre Liebe lebendig halten können.

Ich habe gehört, dass du durch Bert Hellingers Buch „Ordnungen der Liebe“ zum Familienstellen gekommen bist. Was hat denn Ordnung mit Liebe zu tun?

Genau zu diesem Punkt hatte ich eine richtige Auseinandersetzung mit Bert Hellinger. In einem Interview mit Harisharan und mir hatte Hellinger darauf bestanden, dass erst die Ordnungen kommen und dann die Liebe. Da habe ich gesagt, dass ich als Sannyasin von einer ganz anderen Ecke herkomme: zuerst die Liebe und dann alles andere. Aber er meinte, dass gar keine Liebe passieren könne, wenn die Ordnung das nicht hielte. Ich weiß bis heute noch nicht, wie es ist, aber das war der Anlass sein Buch zu lesen. Dabei sind mir an vielen Stellen wirklich die Augen aufgegangen. Am meisten haben mich die Stellen berührt, wo es um meine Beziehung geht, um meine Liebe zu Ramaprem und um das, was bei uns schwierig ist. Ramaprem ist Amerikaner und jüdisch. Weil er mit mir hier in Deutschland lebt, wollte ich immer, dass er die deutsche Sprache lernt. Aber es war ein ewiger Kampf. Damals las ich bei Hellinger, dass eine Partnerschaft aus unterschiedlichen Kulturen am ehesten dann funktioniert, wenn die Frau dem Mann folgt. Darauf habe ich als feministisch geprägte Frau und Sannyasin natürlich heftig reagiert. Doch beim Weiterlesen wurde mir vieles klar. Er sagte, er hätte einfach Paare beobachtet, die es gut miteinander haben, und gesehen, dass wenn die Frau in die Kultur des Mannes gefolgt war - seine Sprache sprach, seinen Lebensstil annahm oder in seinem Umfeld lebte - die Beziehung viel leichter Bestand hatte. Und umgekehrt: Zog der Mann in das Umfeld der Frau, gingen viel mehr Beziehungen schief. Da wurde mir klar, dass es Ramaprem ein Stück Heimaterde unter die Füße gibt, wenn er darauf besteht, nur Englisch zu sprechen. Ich hörte sofort auf, von ihm zu verlangen, dass er Deutsch lernt - und seitdem ist der Stress vorbei. Er spricht weiterhin Englisch und ich habe kein Problem mehr damit. Das ist eine der Ordnungen, von denen Bert Hellinger spricht: Die Frau folgt dem Mann, und der Mann dient dem Weiblichen. Das ist auch einer der Sätze, der, wenn losgelöst aus dem Kontext, den meisten Aufruhr entfacht. Einen Teil davon habe ich in eigener Anwendung begriffen und einfach
gesehen: Es hat eine gute Wirkung.

Hellinger spricht bei Beziehungen vom Ausgleich. Kann die Liebe nur funktionieren, wenn Geben und Nehmen in Balance sind?

Ja, das ist so. Wenn der eine dem anderen etwas besonders Schönes macht oder gibt, z.B. ein schönes Abendessen zubereitet, dann ist der andere wie ein Gast, der etwas Besonderes bekommt. Es entsteht ein Ungleichgewicht. Der Empfangende hat etwas bekommen, und um das wieder auszugleichen, gibt es ein Gewissen, was darauf drängt, jetzt auch etwas zu geben. Also macht er auch etwas Schönes. Die Waagschale schwingt wieder in die Balance. Doch der Trick ist: Wenn man genauso viel zurückgibt, wie man bekommen hat, z.B. der eine sagt, "Ich mach’ heute die Wäsche" und der andere sagt, "Ich reparier’ dafür dein Fahrrad", dann entsteht eine Pattsituation und nichts wächst mehr. Eine schöne Idee, die ich von Bert Hellinger übernommen habe, ist die, dem Partner immer ein bisschen mehr zu geben als man bekommen hat. Auf diese Weise wächst die Liebe. Der Ausgleich gilt auch für das Negative. In der Bibel steht: "Wenn einer dich schlägt, dann halte ihm die andere Wange hin." Welch eine Verhöhnung des Aggressors! Der Empfänger der Ohrfeige wird heimlich der Größere. Dasselbe geschieht auch in Beziehungen. Fügt der eine dem anderen Unrecht zu, spürt er auch in seinem Gewissen, dass er Unrecht getan hat. Schluckt der andere das einfach nur und bleibt auf diese Weise der scheinbar Edle und Gute, dann fühlt sich der Partner dadurch nur noch schlechter. Und setzt womöglich noch eins oben drauf. Für die Liebeshygiene und um die Beziehung ausgeglichen zu halten, ist es also gut, wenn der andere im Gegenzug auch etwas austeilt und sich so als ebenbürtiger Partner zeigt. Der Liebe wegen ist es in diesem Fall geschickt, wenn man ein bisschen weniger Negatives gibt. Das habe ich in meiner Beziehung angewendet und es wirkt wunderbar.

Wenn du mit Paaren arbeitest, z.B. in deinen Gruppen, was sind denn da die typischen Schwierigkeiten?

Hauptsächlich Verstrickungen. In der Regel kommen Paare, weil die Beziehung sehr schwierig ist, oder sie sich vom Partner nicht lösen können, oder gar keine Beziehung zustande kommt. Beim Aufstellen schauen wir, gibt es eine Verstrickung? Sagt z.B. jemand: "Ich kann einfach keine Beziehung aufrechterhalten, sie dauern höchstens sechs Monate und dann ist es wieder vorbei," dann schauen wir im Ursprungssystem, womit es zusammenhängen mag. Manchmal reicht es schon, einfach nur zu wissen, dass die Mutter den Vater, also ihren Mann, im Krieg verloren hat, und deshalb nur eine kurze Beziehung zu ihm hatte. Viele Male trägt dann eines der Kinder aus der zweiten Ehe, die danach kommen, dieses Thema in irgendeiner Form mit sich herum. Ist es ein Sohn, verstrickt er sich mit der Person, die gefallen ist, ist es eine Tochter, ist diese eher geneigt, eine Liebesbeziehung nie länger als eine kurze Zeit dauern zu lassen.

Weil sie ihrer Mutter gegenüber loyal sein will?

Es ist so etwas in der Richtung. Wie das genau vor sich geht, wissen wir nicht. Es ist so, wie wenn die Tochter sich nicht über die Mutter stellen will oder es nicht besser haben will als die Mutter und deswegen die große Liebe auf lange Zeit nicht zulässt.

Was ist denn im Hintergrund, wenn jemand gar keinen Partner findet?

Nun, zum einen geht der Zeittrend in Richtung Single. Aber was die Verstrickung angeht, steht oft dahinter, dass jemand in der Familie ohne Partner blieb. Entweder verlor jene Person ihren Partner früh und nahm nie wieder jemand andern, oder jemand konnte z.B. auf Grund einer Krankheit keinen Partner finden.

Das Thema Liebe ist ja für viele Menschen etwas Grundlegendes, trotzdem gehen die Scheidungsraten hoch und viele ziehen es vor, sich bei Schwierigkeiten schnell wieder zu trennen. Woher kommt das?

Grundsätzlich geht es darum, sich anzuschauen, was ist Liebe und was ist Bindung? Liebe und Bindung können zusammengehen, doch Bindung kann auch ohne Liebe geschehen. So besteht z.B. die größte Bindung zum ersten Partner, mit dem wir Sex hatten und mit dem man geschlafen hat. Ging alles gut, dann war auch Liebe da. Man hat sich lange geliebt und ist vielleicht noch immer zusammen. Das ist zwar selten, aber das gibt es. Liebe und Bindung kommen hier zusammen. Aber wenn jemand nach dieser ersten Liebe viele verschiedene Partner hatte und dann irgendwann mit jemandem zusammenbleibt, ist solch eine Bindung geringer. Das, was eine Bindung ausmacht, nimmt ab. Man löst sich von einem späteren Partner viel leichter als von dem allerersten. Beim ersten war allein schon der Gedanke, es könne auseinander gehen, furchtbar. Doch je öfter man sich trennt, desto leichter fällt es. Bert Hellinger sagt hierzu, dass Bindung mit der Anzahl der Partnerschaften nachlässt, wobei die spätere Liebe durchaus größer sein kann als bei der ersten Beziehung. In der fünften Beziehung empfindet man vielleicht die höchste Liebe für einen Partner, fühlt aber die geringste Bindung. Das hat auch etwas Schönes. Man bleibt wegen der Liebe zusammen und nicht wegen der Bindung, d.h. wenn es nicht funktioniert, geht man halt auseinander und die Liebe kann bestehen bleiben. Vielleicht kommen wir ja dahin. So wie ich Osho verstanden habe, ist die höchste Form der Liebe in einer Partnerschaft die Freundlichkeit zueinander.

Wenn in einer Beziehung Eifersucht aufkommt, verstehen viele das als ein Zeichen starker Liebe und Leidenschaft. Wie verstehst du Eifersucht?

Beim Aufstellen kann man wunderbar sehen, dass jemand, der starke Eifersuchtsgefühle hat, verstrickt ist. Da steht dann der eigene Partner stellvertretend für die Mutter. Angenommen, eine Frau ist sehr eifersüchtig und fordert vom Partner, dass er immer da sein soll und sich möglichst niemand anderem zuwendet. Das ist eine sehr kindliche, unreife Liebe. Sie fordert praktisch eine Liebe ein, wie ein Kind sie von seiner Mutter erwartet. Der Partner ist nicht wirklich ein Partner, sondern wird zur Mutter. Umgekehrt kann man, wenn eine Frau viele Männer hat, in der Regel bei einer Aufstellung sehen, dass sie in ihrem Herzen weiterhin ihrem Vater treu bleibt. Sie ist mit dem Vater verstrickt, ist so etwas wie eine "Vater-Tochter" und fühlt sich ihm näher als sonst irgendeinem anderen Mann. In ihrem Herzen ist das Gefühl von "Ich bin einem Mann treu" vorhanden und erfüllt. Kommt sie dann mit anderen Männern zusammen, bleibt dieses Gefühl wie "Ich bin doch treu" weiterhin bestehen, auch wenn es sich gar nicht auf die anderen Männer bezieht, sondern auf den Vater. Dasselbe gilt natürlich auch für einen Mann, der viele Gespielinnen hat und im Grunde seines Herzens ein Mutter-Sohn ist. Das typische Beispiel dafür sind viele italienische Männer, die ihrer Mutter treu sind, und obwohl sie verheiratet sind, andere Geliebte nebenher haben. Trotzdem versichern sie ihrer Ehegattin immer wieder: "Was willst du denn? Du bist doch meine Frau, nur dich liebe ich, nur dir gehört meine Liebe." Sie meinen aber ganz tief drinnen die Liebe und Treue zu ihrer Mutter. In der Regel ist das natürlich das Ende für die Beziehung.

Ein anderes heißes Thema ist das Heiraten. Das war ja in Sannyaskreisen eher verpönt. Osho hat selten positiv über die Ehe geredet. Wie siehst du das?

Wenn das Heiraten aus einer tiefen Liebe und Verbundenheit heraus geschieht, die der Öffentlichkeit gezeigt werden möchte, wenn es wie in einem alten, tiefen Ritual vollzogen wird, wenn es ein Fest der Liebe ist, um zu feiern, dass man jetzt zusammenbleiben will, dann habe ich ein sehr gutes Gefühl dazu. Bei vielen Freunden, die schon lange zusammenleben und nicht verheiratet sind, habe ich beobachtet, dass oft ein bestimmter Grund oder ein Bedenken dahinter steckt: "So lange wir nicht verheiratet sind, bleibt unsere Beziehung gut, und wenn wir verheiratet sind, wird sie schlecht." Ich denke, es kommt sehr darauf an, was wir daraus machen. Heiraten wir bloß um des Trauscheins willen oder um Sicherheit zu bekommen, dann ist es sicher verfehlt. Aber ist es so etwas wie eine Liebeserklärung, dann hat es eine andere Kraft und Qualität. Ich habe von Bert Hellinger etwas Witziges gehört: "Solange ein Paar nicht verheiratet ist, sind sie noch nicht erwachsen und sehen sich als die jugendlichen Liebhaber."

Und haben den Hintergedanken, "Wer weiß, vielleicht kommt noch was Besseres?"

In dem Moment, in dem sie heiraten, fängt der Ernst des Lebens an. Das Leben wird normal. Man wächst heraus aus dem "Ich mache etwas ganz Besonderes, ich bin ganz modern, wir heiraten nicht und leben einfach nur so zusammen, wir sind nicht so wie die anderen!" heraus, also aus dem Wunsch sich abzuheben. Ich bin inzwischen an einem Punkt, an dem ich sage: "Ich mache das alles ganz normal", und wäre ich nicht schon verheiratet, würde ich es tun. Ich will nicht mehr etwas Besonderes darstellen durch das Nichtheiraten.

Kommen wir zum Thema Kinder. Ich habe Hellinger so verstanden, dass die Liebe, die die Eltern haben, an ihre Kinder weiterfließt und die geben sie dann irgendwann an ihre eigenen weiter. Viele Paare haben allerdings keine Kinder. Welche anderen Möglichkeiten siehst du, den Strom der Liebe fließen zu lassen?

Wenn ein Mann und eine Frau zusammen Kinder haben, ist das ja so etwas wie ihr Projekt. Die Kinder werden groß gezogen und die Beziehung erfüllt sich dadurch. Was passiert, wenn jetzt keine Kinder da sind? Bei Paaren um mich herum habe ich Folgendes beobachtet: Wird die Energie, die sonst den Kindern zufließt, in etwas anderes umgeleitet, in ein gemeinsames Projekt oder ihre Arbeit, in etwas, das sie gemeinsam tun, ihr gemeinsames "Baby" sozusagen, dann findet diese Liebe auch eine Richtung, eine Bewegung und einen Fluss. Besonders schön ist es, wenn es ein Projekt ist, bei dem diese Liebe wieder zu anderen Menschen fließt. Dann bleibt diese Kontinuität erhalten. Der Fluss der Liebe geht einfach durch und weiter. Ich denke, so könnte es gut gehen.

Was bedeutet für dich Liebe?

Das ist eine der schwierigsten Fragen überhaupt. Ich frage mich das auch immer wieder. Ganz viele Male ist das, was wir als Liebe ansehen, wirklich nur vom biologischen Trieb bestimmt. Man sucht sich einen geeigneten Partner, mit dem man möglichst ausgiebig und lustvoll Sex haben kann, und wenn das Herz dabei noch mitschwingt, umso besser. Aber was passiert, wenn der Sex mal nicht mehr so stark ist oder ganz verschwindet? Was bleibt da übrig? Wenn bei einem Paar die Liebe bestehen bleibt, auch wenn nur noch wenig Sex vorhanden ist, da traue ich am ehesten, dass diese Liebe bis ins hohe Alter andauern kann. Wenn tief drinnen das Zugehörigkeitsgefühl stark ist und die Zärtlichkeit bestehen bleibt und man sich immer wieder gern haben kann, dann würde ich das jetzt mal als Liebe bezeichnen, als Liebe zwischen Mann und Frau.

So wie ich Osho verstanden habe, ist dies der erste Schritt: Wenn wir lernen, mit einem Partner so etwas wie Liebe zu empfinden. Und dann können Momente kommen, wo du alle Menschen liebst, die Tiere, die Pflanzen, wo Liebe in dir wächst, wo sich die Liebe immer mehr ausdehnt, auf die ganze Existenz.

Der Gedanke gefällt mir gut, dass man Liebe mit einer Person lernen und üben kann und dass sie sich dann ausdehnt. Es gibt Momente, wo einfach alles, was wir anschauen, mit Liebe angeschaut werden kann. Wir schauen in den Himmel und fühlen Liebe zu den Sternen oder spazieren im Garten und lieben jeden Busch und jeden Grashalm; oder begegnen Menschen auf der Straße und können sie mit all ihren Macken und alldem, was uns sonst so nervt, angucken und einfach dieses Gefühl haben: "Mein Gott, sind die schön. Wie wunderbar, dass alle da sind." Da bekommen wir ein Gefühl davon, was Liebe wirklich darstellt. Ich glaube, da ist das Wort "Liebe" erst am richtigen Platz. Ich weiß nicht, wie ich alles andere nennen würde, vielleicht, dass wir die Liebe üben. Wenn wir Meditationen machen, da ist es ja auch so, dass wir üben, letztlich in den Zustand der Meditation zu fallen.

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